Gut bis sehr gut: Moselwinzer zufrieden mit der Traubenlese

Erntebilanz im Weinanbaugebiet Mosel: Gute Qualität und deutlich mehr Menge als 2019.

Der Weinjahrgang 2020 an Mosel, Saar und Ruwer passt in Qualität und Menge zu den Marktanforderungen. Die Erntemenge fällt mit geschätzten 810.000 Hektolitern um rund 30 Prozent höher aus als im ertragsschwachen Vorjahr, als nur 624.000 Hektoliter in die Keller kamen. Die Ergebnisse der Traubenlese (Foto: Chris Marmann) waren aber regional und lokal sehr unterschiedlich, wie der Moselwein e.V. berichtet. Entscheidender Faktor war die Wasserversorgung der Weinberge im dritten Trockenjahr in Folge.

Die Traubenlese begann auch 2020 wieder sehr früh und erstreckte sich über rund zwei Monate und drei Wetterphasen. Bereits Ende August und Anfang September wurden bei heißem Sommerwetter die ersten frühreifenden Trauben von Sorten wie Frühburgunder oder Solaris geerntet. Die Rieslinglese begann schon Mitte September ebenfalls bei hohen Temperaturen. Sie wurde ab Ende September dann bei kühler und nasser Witterung immer wieder unterbrochen und dauert bei einigen Betrieben bei wechselhaftem Wetter noch bis voraussichtlich Ende Oktober.  

Durchschnittlich lag die jährliche Erntemenge im Weinanbaugebiet Mosel zwischen 2010 und 2019 bei 732.000 Hektolitern. „Der Ertrag 2020 bewegt sich nun zwischen den Ergebnissen von 2018 und 2019 und damit wieder in einem für die Region normalen Bereich“, bilanziert Rolf Haxel aus Cochem, Vorsitzender des Moselwein e.V, der für die Gebietsweinwerbung zuständigen Organisation. Im Weinanbaugebiet Mosel werden aktuell rund 8.700 Hektar Rebfläche bewirtschaftet. Die Ertragsrebfläche liegt 2020 bei 8.498 Hektar. Der Anteil von Riesling und Burgundersorten an der Ertragsfläche ist in den vergangenen Jahren angestiegen, Müller-Thurgau, Dornfelder und Kerner sowie weitere Rebsorten gingen dagegen zurück.

Der Vorstand der Mosel-Weinwerbung stuft den neuen Jahrgang als „gut bis sehr gut“ ein. Der 2020er von der Mosel wird nach Einschätzung vieler Winzer eher als Kabinett-Jahrgang in die Annalen eingehen denn als Auslese-Jahr. Die Winzer freuten sich über kerngesunde Trauben mit sehr guter Aromaausprägung und moderater Fruchtsäure. Fruchtig, aromatisch, sauber und sortentypisch – so lauten die ersten Bewertungen bei der Verkostung der Moste und Jungweine.

Das Mostgewicht liege beim Riesling bei durchschnittlich 80 Grad Oechsle, berichtet der Vorstand der Mosel-Weinwerbung. Teilweise erreichten die Rieslingmoste auch deutlich höhere Oechsle-Grade bis hin zu Auslesen und Beerenauslesen. Das Gros der Ernte liege aber im Bereich von 70 bis 90 Grad Oechsle. Mit einem Ertrag von durchschnittlich 95 Hektoliter je Hektar war die Ausbeute bei der Hauptrebsorte Riesling zufriedenstellend. Auch Müller-Thurgau und Elbling als zweit- und dritthäufigste Sorten der Region sorgten mit durchschnittlich 110 Hektoliter je Hektar für gut gefüllte Keller. Hochzufrieden sind die Erzeuger an der Mosel mit der Qualität der Burgundersorten, die beim Weiß- und Spätburgunder im Schnitt bei 90 Grad und beim Grauburgunder bei 95 Grad Oechsle liegt. Die durchschnittliche Erntemenge fällt bei diesen Sorten mit 80 bis 85 Hektolitern je Hektar niedriger aus. 738.770 Hektoliter, mehr als 90 Prozent der Gesamterntemenge, sind Weißweine. Die Rotweinsorten erbrachten 71.240 Hektoliter, so die Schätzung des Weinbauverbandes Mosel.

Auch wenn das Gesamtergebnis zufriedenstellend ist, so sprechen die Moselaner wieder einmal von einem „neidischen Herbst“. Die Erträge und auch die Qualität fielen lokal sehr unterschiedlich aus. Grund dafür ist die sehr unterschiedliche Verteilung der Niederschläge. Nach einem trockenen Winter ohne Schnee – es war der zweitwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 in Deutschland – brachte zwar der Februar ausgiebige Niederschläge. Aber im Frühjahr, vor allem im April und Mai, war es wieder zu trocken. Die Spätfröste Mitte Mai verursachten im Anbaugebiet keine nennenswerten Schäden. Während der Rebblüte Anfang Juni schlug die Witterung um, es war nass und kühl. Ende Juni brachten Gewitter örtlich ausgiebige Niederschläge bis hin zu Starkregen, viele Orte hatten aber keinen Regen. Auch der Juli war wieder extrem trocken und eine Hitzewelle Anfang August mit Temperaturen von mehr als 35 Grad sorgte für Sonnenbrandschäden an den Trauben. Die Dürre machte sich optisch besonders in den Wäldern bemerkbar, das Laub der Bäume verfärbte sich schon ab Anfang August.

Mitte August gab es lokal, vor allem an der Mittelmosel, teils ausgiebigen Regen sowie örtlich – unter anderem im Raum Traben-Trarbach sowie in Zell – Gewitter mit Hagel- und Erosionsschäden. Gleichzeitig blieb es in vielen Weinbergen des Gebietes aber weiterhin bis weit in den September sehr trocken. In den ersten drei September-Wochen erfolgte eine rasante Entwicklung der Trauben. Angesichts der schnell steigenden Mostgewichte und fallenden Säurewerte begann auch die Rieslinglese schon Mitte September. Aufgrund der heterogenen Situation waren eine individuelle Ernteplanung und eine selektive Lese angesagt. Große Schwankungen der Reife gab es sogar innerhalb einzelner Weinberge. Positiv wirkte sich die Trockenheit in Hinblick auf Schädlinge und Pilzbefall aus. Die Trauben blieben gesund und auch der ab der letzten Septemberwoche einsetzende Regen änderte daran dank der kühlen Temperaturen nichts. Junge Rebanlagen, die unter der Trockenheit besonders zu leiden hatten, erholten sich aufgrund der Niederschläge sichtlich und die bessere Wasserversorgung machte sich auch bei den Erträgen noch bemerkbar.

Die anhaltend feuchte und kühle Witterung bis in die zweite Oktoberwoche bremste zwar die vorherige rasante Entwicklung der Mostgewichte, die aber schon Mitte September Werte von über 80 Grad bei Riesling und über 90 Grad bei den Burgundersorten erreicht hatte. Solche Werte sind heute fast selbstverständlich, wurden in früheren Jahrzehnten aber bei weitem nicht in jedem Jahr erreicht.
Viele Betriebe setzten die Lese während der Regentage aus und konnten dank des ab dem 10. Oktober teils sonnigen Wetters auch noch Rieslingtrauben für hochwertige trockene und fruchtsüße Weine einbringen.
Insgesamt fällt die Erntebilanz an Mosel, Saar und Ruwer daher erfreulich aus, wenn auch nicht die Spitzenwerte von 2019 erreicht wurden. „Die bessere Erntemenge bei gleichzeitig gesundem Lesegut macht dies aber mehr als wett“, so die Einschätzung von Ansgar Schmitz, Geschäftsführer der Weinwerbung.

Besondere Anforderungen durch Epidemie

Die besonderen Anforderungen infolge der Corona-Epidemie wurden von den Weinbaubetrieben des Anbaugebietes auch während der Ernte gemeistert. Die Umsetzung strikter Hygienekonzepte sorgte für hohen Aufwand und verursachte höhere Kosten bei der Unterbringung und dem Einsatz der osteuropäischen Saisonarbeiter. Teilweise mussten Betriebe aufgrund der Pandemie auf ihre bewährten Helfer aus osteuropäischen Ländern verzichten.
Der Weinabsatz ist durch die Auswirkungen der Corona-Epidemie sehr unterschiedlich beeinflusst worden. Während der Lockdown für Einbußen beim Weinverkauf über die Gastronomie und teilweise auch im Export sorgte, stieg der Absatz im Lebensmitteleinzelhandel an. Hiervon profitierten vor allem die großen Kellereien sowie die Winzergenossenschaften. Die Keller der Fassweinerzeuger waren daher vor dem Herbst gut geräumt. Für den 2020er Riesling im Fass werden aktuell 100 Euro je Hektoliter gezahlt, für andere Sorten 70 Euro je Hektoliter. Bei den Burgundersorten liegt der Preis aufgrund der niedrigen Erntemenge und hoher Nachfrage auch seitens direktvermarktender Weingüter bei 130 bis 140 Euro je Hektoliter.

In der Exportstatistik machen sich die US-Strafzölle und die Corona-Pandemie bislang vor allem beim Wert der ausgeführten Weine bemerkbar. Die neusten Zahlen des Verbandes der Weinexporteure (VDW) für die 12-Monats-Bilanz von August 2019 bis Juli 2020 weisen sogar ein leichtes Plus in der Ausfuhr von Moselweinen auf. Die exportierte Menge stieg demnach um 1,2 Prozent. Der Wert ging dagegen um 7,2 Prozent zurück. Das Mengenplus resultiert aus stärkeren Exporten innerhalb der Europäischen Union, vor allem in nach Skandinavien sowie nach Osteuropa. Der Export in die USA – dem wichtigsten Auslandsmarkt für Moselwein – verzeichnete in der gleichen Zeit ein Minus von 2,2 Prozent und 13 Prozent im Wert.
Das bedeutet: Es werden aktuell vermehrt preisgünstigere Weine in die USA exportiert. Das ist zumindest teilweise auch mit der Corona-Situation zu erklären, da die günstigeren Weine im Supermarkt verkauft werden, während die teureren Weine meist in Restaurant und Weinbars gehen, die zeitweise geschlossen waren und seit März weniger Gäste haben. In Krisenzeiten tendieren viele Käufer auch zum „downtrading“, also zum Kauf günstigerer Produkte. Die Strafzölle und die Corona-Lage treffen im Export tendenziell eher höherpreisige Weine.

Im Aufwind ist Moselwein seit Jahren in Skandinavien. Die Ausfuhr nach Finnland legte zwischen Juli 2019 und August 2020 um rund 25 Prozent zu. Auch für Norwegen, Schweden und Dänemark warten in dieser Zeit Zuwächse zu verzeichnen.
Ebenfalls im Plus ist der Exportmarkt China mit über zwölf Prozent Steigerung. Doch alleine nach Norwegen, drittwichtigster Exportmarkt für die Mosel, geht fast doppelt so viel Menge wie nach China. Prozentual hohe Zuwächse für Moselweine gab es auch in Estland, Polen, Litauen, der Ukraine, Tschechien und Slowakei und sogar in Italien. Einbußen mussten die Mosel-Exporteure im gleichen Zeitraum in den Niederlanden, Belgien und Japan verkraften.

Behaupten konnten sich die Mosel-Betriebe in der Direktvermarktung ab Hof. Zwar standen die Vinotheken, Weinstuben, Gästezimmer und Ferienwohnungen auf den Winzerhöfen während des Lockdowns leer, doch berichteten viele Selbstvermarkter für diese Zeit dank Online-Weinproben und Paketversand von sehr guten Absätzen an Privatkunden. Seit dem Ende des Lockdowns Mitte Mai verzeichnet das Moselland einen starken Anstieg von Gästen und Touristen, darunter auffällig viele Weinliebhaber, die die Mosel mit ihrem breiten Angebot an hochwertigen Weinen, Kulinarik, moderner Weinarchitektur und Aktiverlebnissen von Wandern bis Wassersport neu für sich entdeckt haben. So konnte der Absatzeinbruch durch den Wegfall von Weinfesten, messen und weiterer  Veranstaltungen zumindest teilweise kompensiert werden.

Im ersten Halbjahr 2020 verzeichnete die Mosel laut Mosellandtouristik rund 50 Prozent weniger Gäste und Übernachtungen gegenüber dem ersten Halbjahr 2019. Im Juli 2020 lag die Zahl der Gäste um sechs und die der Übernachtungen um 8,4 Prozent höher als im Juli 2019. Damit war die Mosel die erste Tourismusregion in Rheinland-Pfalz, die seit den Corona-bedingten Einschnitten eine positive Monatsbilanz ziehen konnte.
In den Sommerferien verzeichnete die Region eine deutliche höhere Nachfrage und Buchungen seitens Familien mit Kindern. Viele Weinbaubetriebe, die auch touristische Anbieter sind, berichten von einer sehr guten Buchungslage bis Ende Oktober.

Aktuell bewirbt die Mosellandtouristik die Region mit speziellen Angeboten für den Spätherbst und Winter, von Wandern in den Steillagenweinbergen über geführte Touren mit Winzern und Kultur- und Weinbotschaftern bis zu weinkulinarischen Arrangements. Die Mosel-Weinwerbung hat seit dem Lockdown im März die Werbemaßnahmen für Moselweine vor allem in den sozialen Netzwerken massiv verstärkt und auch mit Anzeigenwerbung und PR-Seiten in bundesweiten Medien wie „Stern“, „Welt am Sonntag“, „Die Zeit“, „Süddeutsche Zeitung“ sowie vielen Zeitschriften und Magazinen für die Entdeckung des Weinanbaugebietes und seiner Weine geworben.