Extremjahr 2016: Besser als gedacht!

Moselwein e.V. zieht Erntebilanz für das Weinanbaugebiet Mosel: Unterm Strich sind die Winzer mit der Qualität zufrieden, die Menge fällt jedoch sehr unterschiedlich aus

Von Frost bis Sonnenbrand, von Starkregen und Hagel bis Trockenheit: Die Weinberge an Mosel, Saar und Ruwer waren im Jahr 2016 einem bislang einzigartigen Wechsel an extremen Wettererscheinungen und Schaderregern ausgesetzt. Dennoch ist die Qualität der Trauben letztlich wesentlich besser ausgefallen, als der problematische Witterungsverlauf erwarten ließ. „Die Winzer sind im Großen und Ganzen mit der Qualität des Jahrgangs zufrieden“, berichtete Weinbaupräsident Rolf Haxel, Vorsitzender des Moselwein e.V., in der Herbstpressekonferenz der Gebietsweinwerbung in Lieser an der Mittelmosel. „Wer die Ernte bis in den Herbst durchbrachte, wurde mit intensiv aromatischen Trauben mit teilweise hoher Qualität belohnt“, sagte Haxel. Die Erntemenge liegt insgesamt um rund sechs Prozent unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Die Erträge schwanken regional und von Betrieb zu Betrieb, von Lage zu Lage sehr stark und reichen von Totalausfall bis zu normaler Menge.

Während in einigen Steillagen die letzten Rieslingtrauben geerntet wurden, ließ der Vorstand des Moselwein e.V. in der Pressekonferenz im neuen Grandhotel Schloss Lieser vor rund 40 Journalisten aus ganz Deutschland, Österreich, der Schweiz und England das wechselhafte Weinjahr Revue passieren. Die gesamte Erntemenge im Weinanbaugebiet Mosel wird auf rund 750.000 Hektoliter geschätzt und entspricht damit dem Vorjahr. Die durchschnittliche Erntemenge der vergangenen zehn Jahre liegt bei 810.000 Hektoliter.
Im Herbst 2016 war die Ausbeute der Winzer nicht nur regional, sondern teilweise innerhalb einer Gemarkung und oft sogar innerhalb einzelner Weinberge extrem unterschiedlich. „Während in manchen Rebzeilen kaum Trauben am Stock hingen, konnten nur 150 Meter weiter volle Erntemengen gelesen werden“, zitierte Geschäftsführer Ansgar Schmitz einen Winzer von der Saar. An Saar und Ruwer ernteten einige große Weingüter extrem niedrige Mengen, teilweise noch weniger als 1.000 Liter je Hektar. In Teilen der Mittelmosel berichteten Winzer dagegen von einer fast normalen Ernte mit nur geringen Einbußen. Wenige Dörfer weiter gab es auch an der Mosel in manchen Lagen dagegen infolge von Hagel, Rebkrankheiten und Schädlingen fast gar keinen Ertrag.

Hauptursache für die Ertragseinbußen war die Pilzkrankheit Peronospora (Falscher Mehltau), die sich aufgrund des nassen Wetters im Frühjahr und Frühsommer rasant verbreitete und schon vor der Blüte die Reben befiel. Da es ständig nass war, blieb der Infektionsdruck über Wochen sehr hoch, die Winzer waren beim Pflanzenschutz permanent gefordert.
Die Peronospora-Epidemie hatte für viele Betriebe empfindliche Ertragseinbußen zur Folge. Aber auch andere Wetterereignisse sorgten lokal für Mengenverluste, wie Gerd Knebel, stellvertretender Vorsitzender des Moselwein e.V., berichtete. Nach einem kühlen März und April mit spätem Austrieb und Schäden durch Raupenfraß brachte der Mai weder Wonne noch Sonne, sondern teils noch gravierendere Probleme: Der „Wonnemonat“ begann mit Frost und endete mit Unwettern, Starkregen und Hagel. Die teils eisigen Temperaturen Anfang Mai machten sich vor allem an der Obermosel bei frostempfindlichen Rebsorten bemerkbar. Im Raum Graach und Wehlen an der Mittelmosel sowie rund um Hatzenport an der Terrassenmosel verwüstete Hagel die Weinberge. Die heftigen Niederschläge verursachten vielerorts Erosionsschäden.


Die Rebblüte begann durch das kühle und nasse Wetter erst Mitte Juni und zog sich bis Anfang Juli hin. Nachdem die Dauernässe einen ständigen Infektionsdruck durch Pilzkrankheiten bescherte, gab es zum Ende des Sommers das andere Extrem: Trockenheit und extreme Hitze setzte den Reben zu. In exponierten Lagen kam es zu Sonnenbrandschäden an den Trauben. Wassermangel verzögerte teilweise das Wachstum.
Angesichts der Wetterextreme war es nicht überraschend, dass viele Erzeuger ihre Erwartungen an den Jahrgang nicht sehr hoch schraubten. Dass die Erntebilanz dennoch vor allem in qualitativer Hinsicht zufriedenstellend ausfiel, ist dem guten Herbstwetter zu verdanken. Im September war es überwiegend trocken, und bis auf wenige Tage nicht mehr zu heiß. Die Trauben blieben gesund und entwickelten sich gut, es gab keine Probleme mit Fäulnis, Pilzbefall oder Essigfliegen. Botrytis trat nur in geringem Umfang auf.

Der verzettelte Blüteverlauf schlug sich auch in sehr unterschiedlichen Reifeentwicklungen nieder. Während an der Terrassenmosel schon ab Anfang Oktober Riesling gelesen wurde, begann die Hauptlese in den Steillagen an Saar, Ruwer und Mittelmosel fast zwei Wochen später. Angesichts der Wetterbedingungen war aber keine Eile bei der Lese geboten. Viele Winzer ernteten selektiv und machten auch Lesepausen, um den am Stock verbliebenen Trauben noch weitere Reifezeit zu gönnen. Vor allem bei Lesegut mit Sonnenbrand musste konsequent aussortiert werden.

Vor allem bei der Rebsorte Riesling fiel die Erntemenge dann insgesamt größer aus als zunächst geschätzt, da in Teilen des Gebietes volle Erntekontingente erreicht wurden. Der durchschnittliche Hektarertrag beim Riesling wird auf 90 Hektoliter geschätzt, beim Elbling auf 110 und beim Müller-Thurgau auf 90 Hektoliter. Deutliche Einbußen waren bei den Burgundersorten zu verzeichnen, die durchschnittlich 60 bis 70 Hektoliter je Hektar erbrachten.

92 Prozent der Mosel-Ernte entfällt auf Weißwein. Mit rund 475.000 Hektolitern macht der Riesling rund 63 Prozent des gesamten Ertrages aus, Müller-Thurgau 12 Prozent, Elbling 7,4 Prozent und die weißen Burgundersorten zusammen 4 Prozent. Bei den roten Sorten hat der Spätburgunder zwar mehr Anbaufläche, mengenmäßig liegt aber der Dornfelder mit knapp 3,7 Prozent knapp vorne.

Groß ist die qualitative Bandbreite der Ernte: Beim Riesling variiert das Mostgewicht je nach Ertrag von 60 bis mehr als 100 Grad Oechsle, bei Müller-Thurgau von 62 bis 80 Grad und beim Elbling von 60 bis 70 Grad. Die Burgundersorten brachten meist zwischen 80 und 105 Grad auf die Mostwaage. Die Säurewerte sind überwiegend moderat bis niedrig. Unabhängig vom Mostgewicht wurde den Trauben überall eine sehr gute, ausgeprägte Aromatik bescheinigt. Kellerwirtschaftlich bereitet der 2016er Most keine Probleme. Für die Verbraucher wird der Jahrgang 2016 von Mosel, Saar und Ruwer also Weine in allen Qualitätsstufen, vom trockenen QbA über Kabinett und Spätlesen bis hin zu Auslesen bieten. Der Anteil der Prädikatsweine dürfte aber geringer ausfallen als im Vorjahr.

Die ersten Mostpreise notierten für Elbling und Müller-Thurgau bei 70 Cent, bei Riesling 110 bis 120 Cent. Preise deutlich darüber zahlen die selbstvermarktenden Weingüter, die durch Zukauf am Trauben- und Fassweinmarkt ihre eigenen Ertragseinbußen ausgleichen. In diesem Herbst wurde bereits ein stark zunehmender Handel zwischen Flaschenweinvermarktern und reinen Trauben- sowie Fassweinproduzenten verzeichnet. Auch die Zahl der Bewirtschaftungsverträge zwischen Weingütern und Winzerbetrieben nimmt laut Landwirtschaftskammer stetig zu.

Die bestockte Rebfläche an Mosel, Saar und Ruwer liegt bei 8.814 Hektar, die Ertragsrebfläche bei 8.567 Hektar. 90,5 Prozent entfallen auf weiße Sorten, 9,5 Prozent auf rote. Die Rebfläche im Gebiet ist in den vergangenen Jahren wieder gewachsen. Vor allem an Saar und Obermosel sowie in geringerem Umfang an der Mittelmosel wurden neue Reben gepflanzt und brachliegende Weinberge rekultiviert. Die größten prozentualen Zuwächse sind bei den Rebsorten Grauburgunder (plus 12 Prozent/14 Hektar), Sauvignon blanc (plus 14 Prozent/3 Hektar) und Gewürztraminer (plus 11 Prozent/1 Hektar) zu verzeichnen. Bei den absoluten Zahlen liegt aber der Riesling mit 22 Hektar zusätzlich (plus 0,4 Prozent) vorn. Bei den roten Sorten wachsen Spätburgunder (plus 0,4 Prozent) und Schwarzriesling (plus 1,3 Prozent), während Dornfelder (minus 2,6 Prozent) weiter zurückgeht.